Rufbereitschaft als Arbeitszeit
Einmal mehr hatte sich der EuGH mit der Frage zu beschäftigen, wann Rufbereitschaft als Arbeitszeit gilt. In beiden dem EuGH vorgelegten Fällen waren die Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten faktisch stark eingeschränkt, in einem Fall durch die enge zeitliche (innerhalb 20 Minuten) Verpflichtung zum Erscheinen am Einsatzort, in dem anderen Fall durch die schwierige geographische Erreichbarkeit des Einsatzort des (in den Bergen gelegen).
Zusammenfassend hat der EuGH hierzu erklärt, dass Rufbereitschaft dann unter den Begriff „Arbeitszeit“ fällt, wenn die dem Arbeitnehmer während dieser Zeit auferlegten Einschränkungen im Hinblick auf seine Verfügungsmöglichkeit, in der seine beruflichen Dienste nicht benötigt werden, frei zu gestalten sind und er sich seinen eigenen Interessen zu widmen kann, objektiv ganz erheblich beeinträchtigt sind. Im Umkehrschluss gilt, wenn keine derartigen Einschränkungen vorliegen, dass nur die Zeit als „Arbeit“ angesehen wird, die mit der tatsächlich während solcher Bereitschaftszeiten erbrachten Arbeitsleistung verbunden ist.
Allein organisatorische Schwierigkeiten, die eine Bereitschaftszeiten aufgrund natürlicher Gegebenheiten bzw. der freien Entscheidungsbildung des Arbeitsnehmers für diesen mit sich bringen, sind demgegenüber unerheblich. Dies gilt z.B. dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, eine geographische schwierige Erreichbarkeit gegeben ist oder sich vor Ort wenige Freizeitmöglichkeiten bieten.
Es muss daher im Einzelfall immer die Abwägung getroffen werden, ob die eingeräumte Frist zum Erscheinen am Einsatzort sachgerecht ist, welche eventuelle Ausrüstung der Arbeitnehmer bereits angezogen haben muss, welche Erleichterungen dem Arbeitnehmer gegebenenfalls zur Verfügung gestellt wurden (Dienstfahrzeug etc.) und gegebenenfalls, wie oft regelmäßig der Arbeitnehmer zu Arbeitsleistungen während der Rufbereitschaft herangezogen wird. Jedenfalls ist auch zu berücksichtigen, ob dem Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft gegebenenfalls eine „Lästigkeitsprämie“ gezahlt wird, die gerade die vorgenannten Unannehmlichkeiten auffangen soll.